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Freitag, 17. April 2015



Fortsetzung :

Wo waren wir stehen geblieben? Die Geburtshilfestation!
Am Mittag des zweiten Tages besuchten wir die Geburtshilfestation. Zu unserer Freude waren auch drei deutsche Hebammen von Pirappu zu Besuch in Indien.
Sie führten uns durch die Geburtshilfestation und erklärten uns sehr nett und ausführlich, wie die einzelnen Räume genutzt werden und die Umstände unter denen Frauen normalerweise in Indien gebären.
In einer Fragerunde mit dem Sohn von Herr Arokiasamy, Anbara Su , erfuhren wir dann viel über die Rolle der Frau und sexuelle Aufklärung in Indien. Außerdem erläuterte er uns die Notwendigkeit der Arbeit der PMD in diesem Bereich.
Beispielsweise preferieren werdende Eltern in Indien einen Jungen, da sie bei der Heirat keine Mitgift bezahlen müssen und die spätere Familie bei ihnen wohnen wird. So ist die Geschlechterverteilung nicht mehr ausgeglichen. Damit es nicht zu übermäßig vielen Abtreibungen bei Mädchen kommt, wurde in Indien 1994 ein Gesetz erlassen nachdem man das Geschlecht des Kindes nicht mehr vor der Geburt erfahren darf. Oft wird diese Information jedoch illegal weitergegeben und es kommt doch zu vielen Abtreibungen, die für einen Männerüberschuss in der Gesellschaft führen. Durch Aufklärungskurse versucht die PMD dieses Problem den Indern näher zu bringen. Der Hauptfokus der Aufklärungsarbeit liegt aber auf Verhütung. Vielen Inderinnen ist nicht bewusst, wie sie eine Schwangerschaft vorbeugen können oder sich vor Geschlechtskrankheiten schützen.
Voll informiert fuhren wir weiter zur nächsten Schule, die keine Toiletten besaß. Was das für ein dringliches Problem werden kann erfuhren wir bald am eigenen Leibe. Ein paar von uns durften deswegen bei einer sehr netten Lehrerin, die in der Nachbarschaft wohnte, die Toilette benutzen. Das ist natürlich nicht für die Kinder der Schule möglich, die ins Feld gehen müssen. Dass in wirklich jeder Schule, die wir besuchten, so ein großes Toilettenproblem vorhanden ist, hat uns erschreckt und uns nochmal vor Augen geführt wie wichtig die Arbeit des AVGs am Welttoilettentag ist.
Während die Gruppe nun zur PMD zurück kehrte, fuhren Frau Kaufmann und Teresa zum Arzt nach Villapuram, da Teresa an Ohrenschmerzen litt. Dort erwarteten sie eine Krankenschwester der Geburtshilfestation und ihr Ehemann, dessen Namen ihnen ein Lächeln ins Gesicht zauberte. Sein Name war nämlich Joseph Stalin. Nach diesem unterhaltsamen Arztbesuch trafen sich alle wieder an der PMD, um schlafen zu gehen.
Am nächsten Morgen besuchten wir als erstes ein von der PMD gebautes Dorf für die Inder_innen, die 2004 bei einem Tsunami ihre Obdach verloren hatten. Das Dorf war im Vergleich zu anderen besuchten Dörfern solider gebaut und luxeriöser. Was in diesem Kontext luxeriös bedeutet ist für uns jedoch immer noch absolut unvorstellbar. Hier leben durchschnittlich vierköpfige Familien in zwei kleinen Räumen ohne Bett oder Schrank, aber mit Toilette. In anderen Dörfern leben zum Teil fünfköpfige Familien in einer einräumigen, kleinen Lehmhütte ohne Toilette.
Eine besonders interessante Begegnung hatten wir hier mit einer Frau, die eigentlich in Bangalore lebt und nur in ihr Elternhaus gekommen ist, um ihr Kind dort zu gebären. Dort wird sie allerdings im Gegensatz zu ihrem Kind nicht bleiben. Während sie nach Bangalore zurück kehren wird, um dort zu arbeiten wird ihre Schwester sich 2 Jahre um ihr Kind kümmern, bis dieses in den Kindergarten gehen kann. Diese Art von Emanzipation war für uns einerseits progressiv und beeindruckend, doch fanden wir es auch bedrückend zu sehen, dass eine Frau sich in der frühen Kindheit von ihrem Kind trennen muss, wenn sie arbeiten gehen will. Wir bewundern ihre Stärke trotzdem arbeiten zu wollen und Kinder zu bekommen.

Zurück bei der PMD hatten wir die Gelegenheit einige Drop-Outs und einen Stipendiaten zu treffen. Aufgrund einiger Sprachbarrieren gelang uns es nicht vollständig die Ansichten und Meinungen der Jugendlichen zu begreifen, aber wir hatten alle eine Menge Spaß.
Danach erwartete uns eine fantastische Show - atemberaubende Trommel-, Rassel und Stocktänze, sowie typisch indischer Gesang versüßten uns den letzten Abend bei der PMD. Besonders beeindruckt hat uns ein bestimmter traditioneller Tanz, bei dem die Tänzerinnen eine Art Topf auf dem Kopf balancierten und gleichzeitig schwungvoll tanzten.
Nach dieser Show gab es dann noch ein wenig Musik zu der nun auch wir tanzten, und eine von uns hatte sogar die Möglichkeit ein indisches Blasinstrument auszuprobieren.
Um den Abend ausklingen zu lassen gab es ein großes Essen für alle, die die Show angesehen haben, bei dem wir ein längeres Gespräch mit ein paar Indern hatten. Diese haben uns vom Wandel der indischen Gesellschaft, dem Kastensytem und Geschlechterverhältnissen erzählt. Dabei hat uns besonders eine Geschichte berührt: Ein Inder, der Christ und Dalit ist, also aus der unteresten Kaste, hat sich in eine hinduistische Frau verliebt, die einer hoheren Kaste angehört. 3 Jahre lang mussten sie vor ihren Eltern kämpfen, damit ihre Liebe akzeptiert wird. Und dieses Jahr ist es soweit, dass sie heiraten dürfen.
An diesem Beispiel sieht man, dass die indische Gesellschaft sich tatsächlich im Wandel befindet.

Bevor wir am nächsten Tag abreisen sollten, was eigentlich etwas spannendes geplant. Wir sollten einem Dorf helfen, Bäume zu pflanzen. Das wiederum sollte von einem Fernsehteam aufgenommen werden, um Werbung für ähnliche Projekte zu machen.
Doch dann kam es anders. Die Polizei verhinderte unsere Teilnahme an dem Projekt, aus Angst, wir könnten eine Protestaktion starten. Diese Angst ist wegen einiger Proteste westlicher Menschen gegen ein Atomkraftwerk in letzter Zeit gewachsen.
Eher enttäuscht aber trotzdem erwartungsvoll machten wir uns also nun direkt am Morgen auf den Weg nach Thiruvannamalai.

Fazit: Die PMD als Organisation hat uns sehr beeindruckt. Dass die Menschen die dort arbeiten selbst Dalits sind und somit die indische Gesellschaft verstehen ist für uns der Grundstein für das Prinzip der Hilfe zu Selbsthilfe und wir hoffen sehr, dass unsere Schule dies weiterhin unterstützen wird. Wir haben gesehen, dass es noch sehr viel zu tun gibt, und die Arbeit längst nicht vollendet ist, doch die PMD hat uns neue Hoffnung gegeben.

Liebe Grüße
Eure Indienreisegruppe

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